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Gottes Segen für Ihr Wirken!
Ökumenischer Gottesdienst zum Beginn der neuen Amtsperiode des Stadtrates von Essen
Essen, 04.11.2025. Zum Beginn der neuen Amtsperiode des Rates und des Oberbürgermeisters der Stadt Essen haben die Evangelische und die Katholische Stadtkirche in der Marktkirche, der historischen "Bürgerkirche", einen ökumenischen Gottesdienst gefeiert.
Oberbürgermeister Thomas Kufen, Bürgermeisterin Julia Jacob, Sascha Berger und Daniel Behmenburg sprachen Fürbitten; Dirk Kalweit übernahm die Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Epheser: Gott erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid. Applaus gab es am Ende auch für die musikalische Gestaltung durch Frank Düppenbecker (Trompete) und unseren Kreiskantor Thomas Rudolph (Klavier). Nachfolgend dokumentieren wir Predigt und Fürbitten:
STADTDECHANT JÜRGEN SCHMIDT: PREDIGT ÜBER EPHESER 1,3-6.15-18
Daniel Kehlmann, deutscher Schriftsteller, gerade fünfzig Jahre alt geworden, erzählt dieses Erlebnis: Er sitzt im Flugzeug, im Landeanflug auf Amsterdam. Aber die Landeklappen öffnen sich nicht. Neuer Versuch. Die Maschine startet durch und dreht eine Schleife. Und die Durchsage des Kapitäns: Alles unter Kontrolle. Nicht zu viel Aufregung. Und jetzt Daniel Kehlmann wörtlich:
„Da begann ich, oder nein, nicht so sehr ich, sondern etwas in mir begann, das Vater unser zu beten, das ich aus der Schulzeit noch auswendig kannte. Aber habe ich in diesem Moment geglaubt? Oder habe ich bloß etwas versucht, weil ich eben nichts anderes tun konnte? Hier, ich bekenne es, stoße ich an ein Rätsel.“
Ein Intellektueller, ein Skeptiker, wie er sich selber beschreibt, stößt an ein Rätsel. Vielleicht der kleine Spalt, durch den Gott zu Tage tritt, unaufdringlich und augenzwinkernd.
Ein augenzwinkender Gott – der auch an diesem Mittag zu Tage tritt, in dem kleinen Spalt dieses Gottesdienstes, für den Sie sich bewusst entschieden haben. Sie stellen Ihr Mandat unter Gottes Wort und Segen. Ganz im Geiste der Präambel unseres Grundgesetzes: in Verantwortung vor Gott und den Menschen. Das verdient Dank und Respekt.
Ohne Sie nun vereinnahmen zu wollen, möchte ich Ihnen diesen Gedanken anbieten: Gott vertraut Ihnen Menschen an, die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt – unabhängig davon, wo sie leben und arbeiten, woher sie kommen, wie sie sprechen oder wen sie lieben.
Vertrauen ist ein kostbarer Wert der Demokratie. Das verlangt viel. Und das bedeutet viel – einander zuzuhören, Argumente abzuwägen, gelegentlich Kompromisse einzugehen. Eine gute Streitkultur zu entwickeln. Wertschätzung des eigenen Parteifreundes und genauso des politischen Gegners. Nicht alles wird Ihnen auf Anhieb gelingen. Manches braucht Geduld und langen Atem. Gelegentlich auch die Kontroverse und dann wieder die Versöhnung. Nur die Verantwortung, die wird Ihnen keiner abnehmen.
Von Gustav Heinemann, der von 1946 bis 1949 Oberbürgermeister von Essen war, ist der Gedanke überliefert: Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den Schwächsten ihrer Glieder umgeht.
Mit Ihnen machen wir uns stark: für ein friedliches Miteinander in dieser Stadt, in der niemand um sein Leben fürchten muss, in der alle stolz und dankbar sein dürfen, in dieser Stadt leben zu können.
Bedenkenträger gibt es schon genug, Hoffnungsträger sind gefragt, die mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Ganz im Geist des Heiligen Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Ephesus: Gott erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr berufen seid.
Ihnen, den Mitgliedern des Rates dieser Stadt, wünschen wir die innere Gewissheit, dass Sie mehr sind als das, was Sie leisten, mehr als die Klicks und der Applaus, mehr als das Amt und der Kalender. Zuallererst sind Sie Menschen, die sich nicht dafür schämen müssen, da, wo es eng wird und Ihnen unheimlich zumute ist, auch mal die Hände zu falten und ein Gebet zu sprechen. Denken Sie an Daniel Kehlmann in seinem Flieger nach Amsterdam.
Marion Greve und ich wünschen Ihnen für die kommenden Jahre Gesundheit und Wohlergehen, viel Glück und guten Erfolg in Ihrem politischen Wirken. Seien Sie dazu gut behütet und reich gesegnet. Amen.
FÜRBITTEN
SUPERINTENDENTIN MARION GREVE: Guter Gott, am Beginn dieser neuen Amtszeit bringen wir alle, die politische Verantwortung übernehmen, vor dich. Gib ihnen Klarheit im Denken, ein offenes Herz und die Kraft zu gerechtem Handeln. Lass ihr Engagement getragen sein von der Sorge um das Gemeinwohl – und stärke sie in Momenten der Unsicherheit oder Überforderung.
JULIA JACOB: Wir bitten dich für alle Menschen in unserer Stadt: für die, die mitgestalten – in Initiativen, Vereinen, Schulen, Unternehmen – und für die, die sich oft ohnmächtig fühlen. Schenke wache Augen für Ungleichheit und Ausgrenzung – und öffne Wege zu echter Teilhabe für alle.
SASCHA BERGER: Wir bitten dich für die Schwächsten in unserer Stadt: für Menschen in Armut, für Wohnungslose, für Geflüchtete, für Kinder ohne sichere Zukunft. Lass sie nicht vergessen werden in politischen Entscheidungen. Und gib uns allen den Mut, Verantwortung zu übernehmen – auch wenn es unbequem ist.
DANIEL BEHMENBURG: Wir bitten dich für das politische Miteinander: um Respekt im Streit, um Geduld in Verhandlungen, um Bereitschaft zum Kompromiss. Lass uns ehrlich bleiben in der Auseinandersetzung – und dabei das Gemeinsame nicht aus dem Blick verlieren.
OBERBÜRGERMEISTER THOMAS KUFEN: Wir bitten dich für unsere Stadt in einer Zeit der Spannungen: Wo Meinungen sich verhärten, Gruppen sich abgrenzen, Vertrauen verloren geht. Hilf uns, Räume des Zuhörens und Verstehens zu schaffen. Schenke uns einen langen Atem für Versöhnung, Verständigung und den Schutz der Demokratie.
